177
Compliance Icon - Checkliste mit Zahnrad

Betriebsräte, Personalräte und der Hinweisgeberschutz

28.07.2023.

Die Einführung von Verfahren zur Meldung von Verstößen betrifft die betriebliche Ordnung nach § 87 I Nr. 1 BetrVG. Das entspricht ständiger Rechtsprechung, und somit ist die Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Einführung eines Hinweisgeberschutzsystems (HWGS) gegeben.

Gesetzliche Pflichten für die Geschäftsleitung!

Um die Frage des OB der Einführung geht es nicht. Diese ist für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern ab dem 17. Dezember 2023 und für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern seit Anfang Juli gesetzliche Pflicht. Wer dies als Geschäftsleitung ignoriert muss mit Bußgeldern rechnen. Insofern bedarf es keiner Abstimmung mit dem Betriebs- oder Personalrat.

Ist Streit mit dem Arbeitnehmerorgan vermeidbar?

WIE, WANN und in WELCHEM UMFANG das Arbeitnehmerorgan zu beteiligen ist, dazu sagt weder das Gesetz selber noch die Gesetzesbegründung etwas. In der Folge ist eine Diskussion entbrannt, wie den betriebsverfassungsrechtlich garantierten Beteiligungsrechten nachzukommen ist. Pragmatische Leitplanke für die Unternehmensführung sollte dabei selbstverständlich sein, unnötige Konflikte zu vermeiden. Und das ist in den allermeisten Fällen möglich:

Rund die Hälfte der vorab informierten Arbeitnehmerorgane winken die Entscheidung für ein bestimmtes System kommentarlos durch. 1/4 legt Wert auf die Beteiligung an der Vorstellung des Systems und ein weiteres Viertel stellt ganz unterschiedliche Fragen zur Wahrung von Mitarbeiterinteressen.

Diskussionen gibt es meist dann, wenn auf ein eigenes System gesetzt wird, welches von eigenen Mitarbeitern betreut wird, oder für welches sogar neue Mitarbeiter eingestellt werden sollen. In all diesen Fällen sind spezifisch geschützte Rechtspositionen der (künftigen) Mitarbeiter betroffen für die das Arbeitnehmerorgan mit zuständig ist.

Fazit:

Für Streitereien besteht nach unserer Erfahrung überhaupt kein Anlass. Informieren Sie die Betriebs- und Personalräte zeitig – also nicht erst nach der Entscheidung – über die geplante Einführung eines Hinweisgebersystems. Nur so können diese frei entscheiden, in welchem Umfang sie ihre gesetzlichen Rechte wahrnehmen.

Vorrang der Beschwerdestelle nach dem AGG?

Wird das Hinweisgeberschutzsystem von einem Dritten betrieben wie etwa der INTEGRITY, ist der Gesprächsbedarf meist gering. In einigen Fällen haben Betriebs- und Personalräte das Verhältnis des HWGS zu der bestehenden Beschwerdestelle nach § 13 Gleichbehandlungsgesetz (AGG) thematisiert, da auch diese für die Entgegennahme – spezifischer – Hinweise eingerichtet ist.

Im Ergebnis besteht hier aber kein Konflikt, sondern eine Wahlmöglichkeit für die Mitarbeitenden. Wenn Mitarbeitende anstelle der vorgesehenen Beschwerdestelle für Personalangelegenheiten das HWGS nutzen, mag der Betriebs- bzw. Personalrat sich fragen, woran dies liegen mag. Es wäre aber fatal, Hinweisgebende zurückzuweisen, weil etwa ein Hinweis die im Hinweisgeberschutzgesetz definierte Schwelle – typischerweise die Bußgeldpflichtigkeit eines Sachverhaltes – nicht erreicht. Ein gutes System versagt hier nicht, und wird einen solchen Hinweis dem Compliance-Management des Unternehmens bzw. der verantwortlichen Stelle zur Verfügung stellen.

Zugang der Arbeitnehmerorgane zu Hinweisen?

Die Frage, ob Personal- oder Betriebsräte unmittelbar Zugang zu den auf einem Portal bereitgestellten Hinweisen und ggf. einem Abschlussbericht der Ombudsperson haben sollen, ist zu verneinen. Dies liegt schlicht daran, dass nicht alle Hinweise mitbestimmungspflichtige Sachverhalte betreffen. Entscheidend ist, dass mitbestimmungspflichtige Sachverhalte durch die Ombudsperson entsprechend gekennzeichnet werden bzw. die zugangsberechtigten Personen aus dem Unternehmen die bestehenden Mitbestimmungsrechte erkennen und (nur) dann unverzüglich Betriebs bzw. Personalrat informieren.

Unternehmen bestätigen unisono einen Erkenntnisgewinn und zwar ganz unabhängig davon, ob Straftaten gemeldet werden. Verbesserungen bei internen Prozessen, manchmal auch Reputationsgewinne sind offensichtlich auch ohne strafrechtlichen Druck möglich. Diese Chance nutzen viele Unternehmen. So gesehen kann das Hinweisgebersystem Teil einer guten Unternehmenskultur sein, der sich in Deutschland viele Unternehmen verpflichtet fühlen.

Kontaktieren Sie uns.

Wenn Sie weitere Fragen haben, oder an unseren Lösungen zum Hinweisgebersystem interessiert sind, können Sie hier Ihre Kontaktdaten und eine Nachricht hinterlassen. Wir melden uns bei Ihnen. Oder rufen Sie uns direkt an unter: 0241 94621- 120.